· 

Rückkehr zur Normalität? Grund für Jubel?

Gespannt verfolgte ich gestern die Berichterstattung über die bundesrätliche Medienkonferenz. Ab dem 6. Juni wird einiges wieder möglich und die ausserordentliche Lage wird nach drei Monaten, am 19. Juni 2020 beendet. Nach dem Lockdown nun die Lockerung, wie die Bundespräsidentin an der Pressekonferenz frohlockte. 

 

Meine persönliche Freude über diese Entscheide hielten sich in Grenzen. Ja, natürlich bin ich froh, dass es langsam Schritt für Schritt zu einer Rückkehr zur Normalität kommt. Jubeln konnte ich trotzdem nicht. Ich weiss nicht wie es euch geht, aber die Wochen des Lockdowns stecken mir noch mächtig in den Knochen. Es war ein Wechselbad der Gefühle. Die ersten Schilder des BAG mit den Hygienevorschriften im März, kein Händeschütteln mehr... der Lockdown und die Umstellung auf Homeoffice. Woche um Woche verging... die Umstellungen beim Lebensmitteleinkauf und die Vermeidung von Reisen mit dem ÖV... all das kann ich nicht einfach so von einem Tag auf den anderen per Schalter wieder wegknipsen. FDP-Nationalrat Hans-Peter Portmann äusserte sich bei TeleZüri enttäuscht, dass der Bundesrat die Lockerungen in Etappen und nicht per sofort beschloss. Ich persönlich bin dankbar dafür, denn so kann ich Schritt für Schritt eine Normalisierung meines Lebens ins Angriff nehmen. Der erste Besuch im Gym steht noch aus. Zwar habe ich die Möglichkeit, online zu sehen wie viele Gäste dort trainieren, und es besteht ein Schutzkonzept. Habe mich bisher aber noch nicht getraut. Ich habe seit der ersten Lockerung ein paar Restaurants besucht, aber nur bei schönem Wetter wenn die Konsumation auf der Terrasse möglich war. Und längere Fahrten mit Tram, Bus oder Bahn vermeide ich nach wie vor. Die Umstellung auf Lockdown beeinflusste das persönliche Leben genauso, wie nun die Lockerung.

 

 

Jede und jeder geht anders um mit Veränderungen. Ob ich diesen Sommer in den Tessin reisen werde, steht noch in den Sternen, Auslandaufenthalte wohl dieses Jahr keine mehr. Die längere Reise im Januar und Februar, zur Feier meines fünfzigsten Geburtstages, habe ich abgesagt. Ja, der Lockdown hat das Leben von vielen Bürgerinnen und Bürgern komplett verändert und da ist eine geordnete Rückkehr zur "Normalität", wie sie der Bundesrat nun vorsieht, für mich eine vernünftige Lösung. 

 

Persönlich hatte ich das Glück, weiterhin mit Homeoffice beruflich tätig zu bleiben und das volle Gehalt zu erhalten. Abertausenden ging es nicht so, und die steigende Arbeitslosigkeit und die Kurzarbeit haben viele Menschen in finanzielle Nöte gebracht. Viele Betriebe werden noch Monate unter der Situation zu leiden haben, andere werden erst in Wochen und Monaten wirtschaftliche Probleme verspüren, die Krise wird uns noch über einen längeren Zeitraum beschäftigen. Wie solidarisch oder eben auch unsolidarisch sich die Parteien verhalten werden, davon konnten wir in den letzten Tagen schon ein paar Kostproben "geniessen". Sozialabbau und Rentenaltererhöhungen wären in der jetzigen Situation fatal und würden die Krise noch massiv verstärken. 

 

In den nächsten Tagen werde ich erfahren, ab wann ich auch wieder Direktberatungen in meinem Büro anbieten kann. Die Rückkehr in den Berufsalltag ist also auch absehbar. 

 

Welche langfristigen Veränderungen wird es durch die Erfahrung des Lockdowns in der Politik, Gesellschaft und Wirtschaft geben? Wird man Lehren ziehen aus den letzten Wochen? Ich hoffe es!