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20 Jahre nach 9/11

Es gibt geschichtsträchtige Tage an die man sich immer erinnert. Auch wo man an diesem Tage gerade war. Der Tod von Prinzessin Diana (ich hatte Urlaub in Spanien), die Tage vor dem Mauerfall in Berlin (schaute Tag für Tag gebannt auf den Fernsehbildschirm im elterlichen Wohnzimmer). Vielleicht wird auch der 16. März 2020, mit der Ausrufung der besonderen Lage durch den Bundesrat einst so ein Tag. Hoffentlich auch der 26. September 2021 mit der Annahme der Ehe für alle durch die schweizerische Bevölkerung.

 

Mit Sicherheit ist der 11. September 2001, der sogenannte 9/11, so ein Tag. Ich arbeitete damals in der internationalen Personalabteilung an einem Konzernhauptsitz und hatte direkten telefonischen Kontakt mit New York und gehörte zu unserem internen Krisenstab der in den nächsten Tagen für die betroffenen Mitarbeitenden da war. Ich gebe zu, die Erlebnisse durch Betroffene so hautnah zu erleben, lässt mich auch 20 Jahre danach noch erschauern und wenn ich daran zurückdenke, steigen mir Tränen in die Augen.

 

Am 22. April 2011, fast 10 Jahre nach dem Terroranschlag stand ich beim Ground Zero. Ich gedenke jedes Jahr am 11. September den schrecklichen Ereignissen.

 

Nun ist es also 20 Jahre her, viele Erlebnisgeschichten waren in der Tagespresse zu lesen. Es ist gut, dass wir uns erinnern und dass wir nicht vergessen. Ob der Westen seine Lehren gezogen hat, kann ich nicht beurteilen und will es auch nicht. Ich bin definitiv kein Nahostexperte, wenn ich mich auch schon in der Region aufhielt.

 

Präsident Joe Biden hat den Krieg gegen Terror vor wenigen Tagen quasi beendet. Was als Vergeltungsaktion begann, endete in einem Desaster und die einstigen Machthaber üben in Afghanistan wieder ihre Schreckensherrschaft aus. Fast scheint es so, als wären die 20 Jahre Einsatz der Nato vergebens gewesen. Es bahnt sich eine unglaubliche humanitäre Katastrophe an. Wirtschaftskrise und Hungersnot, Füchtlingsströme... Schade, dass die Schweiz ihre humanitäre Tradition einmal mehr vergisst. Die Forderung der SP 10'000 Flüchtlinge aufzunehmen, wäre eine wichtige Geste gewesen.

 

Ich kann mich gut an die Tage nach dem Terroranschlag erinnern. Nahm ich früher an Friedensdemonstrationen gegen die amerikanischen Übergriffe teil, hatte ich nun grosses Verständnis für den Krieg gegen den Terror von Präsident Bush. Ich begrüsste den Angriff auf Afghanistan und auch den Einmarsch im Irak. Vielleicht etwas blind vor Hass und Trauer. Aus heutiger Sicht betrachte ich beide Kriege als Desaster und wie der Vietnamkrieg als völlig sinnlos. Einzig die Ergreiffung von Osama bin Laden erachte ich weiterhin als Erfolg.

 

Eine Bekannte welche 2001 in New York lebte, meinte, sie erinnere sich noch immer an all die Fahrräder welche in der Nähe vom WTC rumstanden, deren Besitzer*innen sie nie wieder fahren würden. Sie beschrieb das so bildlich, dass es sich mir einprägte.

 

Ich arbeitete damals als Personalverantwortlicher. Einer der Manager den ich beriet und betreute, sass am 11. September in einem benachbarten Gebäude vom WTC und sah die Menschen aus Verzweiflung aus dem brennenden Gebäude in den Tod springen. Ich führte viele Gespräche mit ihm, er war traumatisiert und psychisch angeschlagen und konnte seine Arbeit erst nach Monaten wieder aufnehmen.

 

Liebe Leserin, lieber Leser, wo waren Sie am 11. September 2001? Bestimmt erinnern Sie sich. Gedenken wir 20 Jahre danach der Opfer der Anschläge, aber auch der Abertausenden toten Zivilistinnen und Zivilisten in Afghanistan und dem Irak.